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Simon Dargols beschreibt den Holocaust

Bericht eines Franzosen der als Soldat der US-Army die Kauferinger KZ-Lager befreite

 

- aufbereitet von Manfred Deiler -

 
 

Bei Ausbruch des Zeiten Weltkriegs ist Simon Dargols vierzehn Jahre alt. Er ist der Sohn einer Engländerin und eines jüdischen Vaters, der aus Odessa stammte. Seine Familie erlebt hautnah den wachsenden Antisemitismus und die Razzien der Besatzer gegen die Juden in Frankreich. Das Geschäft seiner Eltern wird auf Grund der Verordnung vom 18. Oktober 1940 unter die kommissarische Verwaltung eines „Ariers“ gestellt. Als Simon Dargols im September 1941 heimlich die Demarkationslinie in den nicht besetzten Teil Frankreichs übertreten will, wird er von der Miliz, die mit den deutschen Behörden kollaboriert, verhaftet. Eine jüdische Hilfsorganisation für Flüchtlinge kann ihn befreien und er flieht über Casablanca nach Havanna.

 
Simon Dargols Vater vor seinem Geschäft in Paris
 

Im April 1943 emigriert er in die Vereinigten Staaten von Amerika und meldet sich 1944 freiwillig zur amerikanischen Armee. Er erhält die amerikanische Staatsbürgerschaft und wird am 20. Oktober 1944 zu einer Aufklärungseinheit nach Marseille überstellt, in der er als Dolmetscher arbeitet.
Mit dem 411th Infantry Regiment (Company A) der 103rd Infantry Division erreicht Simon Dargol
s am 28. April 1945 mit einem Spähtrupp den Konzentrationslagerkomplex Kaufering und fasst seine Erlebnisse in einem Bericht zusammen:


Die Panzer des 411. Regiments der 103. Division bewegten sich am 27. April 1945 langsam nach dem Süden. Es ging zwischen Augsburg und Schongau immer den Lech entlang. Jeder Widerstand, so auch in dem kleinen Städtchen Buchloe, wurde gebrochen.

Am 28. April erreichte die 103. Division Landsberg. Dort entdeckten wir sechs Vernichtungslager, in denen die Opfer der "Herrenrasse" zu Tausenden gestorben waren. Ihre Körper waren zu Skeletten abgemagert. Es waren Juden - Polen, Russen, Franzosen, Deutsche - die sich nicht den Nazis unterworfen hatten. Sie lagen über den Boden verstreut. Die deutschen Zivilisten, die ihr ganzes Leben in der Stadt Landsberg gelebt hatten, und die von elf dieser schrecklichen Lager umgeben waren, beteuerten immer nur: "Wir haben nicht gewusst, dass derartige Dinge passiert sind!" Doch die Amerikaner sind keine Dummköpfe.

Simon Dargols als Soldat der US-Army

Auf Befehl von Colonel Donovan Paul Yeuell wurden die Landsberger Bürger unter Bewachung gezwungen, mehr als 700 unglückliche Opfer des Hungers und der Nazibrutalität zu begraben. Ein Deutscher Oberstleutnant, zwei Majore und einige Hauptmänner und mehr als zweihundert Soldaten der Deutschen Wehrmacht wurden gezwungen, die Lager aufzuräumen und mussten von oben bis unten das Krankenrevier reinigen, von dem sich ein pestilenzartiger Geruch ausbreitete. In einem dieser Lager lagen dreihundert Leichen auf dem Boden herum, während, geschwächt durch fünf oder sechs Jahre dieses unerträglichen Lebens, 600 lebendige Zombies - das ist das Wort für Muselmänner in dem amerikanischen Berichten - umherstreiften. Die Hütten ragten überwiegend 1,50 Meter über den Erdboden heraus und hatten eine Länge von zwölf Metern. Die Häftlinge starben dort einen langsamen Tod. Sie konnten dort weder gehen noch sich bewegen. Zwei dieser Lager waren mit Juden aus allen europäischen Ländern angefüllt. Männer, Frauen und Kinder waren dort zusammengepfercht. Ungefähr hundert in einer Hütte.

Die amerikanischen Sanitäter stellten sofort einen Ernährungsplan auf, der diesen Menschen helfen sollte, langsam wieder zu Kräften zu kommen. Allen amerikanischen Soldaten wurde jegliche individuelle Verteilung von Nahrungsmitteln untersagt, denn die Auswirkungen auf diese armen Opfer konnten schrecklich sein. Alle Nahrungsmittelvorräte aus der Umgebung von Landsberg wurden beschlagnahmt. Dazu kamen noch die Lager der Wehrmacht aus der unmittelbaren Umgebung. Die Amerikaner versuchen alles, um zu retten, was bei diesen menschlichen Wesen, die zwischen 22 und 27 Kilo wogen, noch zu retten war.

In einem Lager habe ich einen Akt menschlicher Justiz erlebt. Ein Franzose hatte nur deshalb überlebt, weil er die Möglichkeit hatte sich Nahrung aus der Küche, in der er arbeitete, zu besorgen. Plötzlich fand er sich einem brutalen SS-Mann gegenüber, der vorher sein Aufseher gewesen war. Als der fürchterliche SS-Mann den Franzosen mit einem Bleirohr in der Hand auf sich zukommen sah, packte ihn panische Angst. Der Franzose schlug so lange auf den Schädel des SS-Mannes ein, bis dieser vollkommen zertrümmert war.

 

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